Tag des Grundgesetzes

Gemeinsam mit dem seit Kurzem wiederbelebten

Bündnis für Demokratie und Toleranz

in Friedrichshafen möchten wir  am 23. Mai (und den folgenden Tagen) an die Verabschiedung des Grundgesetzes vor 72 Jahren erinnern.

Das Bündnis 
für Demokratie und Toleranz
Friedrichshafen

Eine Demokratie lebt aus der Meinungsvielfalt. Als Demokratinnen und Demokraten pflegen wir einen offenen und respektvollen Austausch unterschiedlicher politischer Positionen. Wir achten den jeweils anderen politischen Standpunkt und die Person, die diese Meinung vertritt. Das

Bündnis für Demokratie und Toleranz

in Friedrichshafen steht zudem für ein inklusives Auftreten innerhalb der Stadt. Mit Blick in die Vergangenheit und auf die jüngsten gesellschaftlichen Entwicklungen, in welchen die im Grundgesetz verbrieften Rechte für unsolidarisches Handeln eingefordert werden, möchte das Bündnis jeglichen demokratiefeindlichen Tendenzen in Friedrichshafen entschieden entgegentreten.

Das Grundgesetz
(Artikel 1 - 11)

Das seit Kurzem wiederbelebte Bündnis für Demokratie und Toleranz in Friedrichshafen möchte am 23. Mai an die Verabschiedung des Grundgesetzes vor 72 Jahren erinnern. An jenem Tag vollzog sich ein entscheidender und für die Bevölkerung bedeutender Schritt in eine demokratisch verfasste Gesellschaft nach Ende des Zweiten Weltkriegs und den leidvollen Erfahrungen aus dem Nazi-Regime. Auch in Friedrichshafen hatte die Zeit des Nationalsozialismus Spuren hinterlassen – nicht nur durch die mehrmaligen Bombardierungen der Stadt zwischen 1943 und 1945. Die menschenverachtende Ideologie war in weiten Teilen der Gesellschaft bereits tief verwurzelt. Vier Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs gelang es den Autorinnen und Autoren des Grundgesetzes mit dieser Ideologie zu brechen. Mit Hilfe einer demokratischen Verfassung wählten sie jene Paragraphen als Auftakt, die unser Zusammenleben wie auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt bis heute prägen.

Diese ersten Paragraphen des Grundgesetzes rücken Menschenwürde, Freiheitsrechte, die Gleichheit vor dem Gesetz sowie die Meinungsfreiheit in den Vordergrund. Sie verbriefen einerseits grundlegende Rechte für jeden einzelnen, die andererseits aber auch ein respektvolles Miteinander voraussetzen. Sie sind geprägt durch die Erlebnisse und Ereignisse der Jahre zwischen 1933 und 1945 und der Wege, die in das Nazi-Regime führten. Sie bieten das Fundament für eine stabile demokratische und tolerante Gesellschaft. 

Diese Grundrechte sind mittlerweile fester Teil unserer Geschichte geworden. Sie ermahnen uns immer wieder daran, in Erinnerung zu halten, wie die erste deutsche Demokratie der Weimarer Republik scheiterte, als es einem Unrechtsregime gelang, die demokratischen Werte für sich umzudeuten und außer Kraft zu setzen.

Das überparteiliche Bündnis für Demokratie und Toleranz möchte aus diesem Geschichtsbewusstsein heraus die Werte und Rechte unseres Grundgesetzes bewahren und am Gedenktag besonders würdigen.

1. Die Würde Des Menschen Ist Unantastbar.

Im Bewusstsein der unveräußerlichen Würde und der Grundrechte jedes einzelnen Menschen, wie sie auch in der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und im Grundgesetz ihren Ausdruck finden, anerkennen und wertschätzen wir die Gleichberechtigung und Vielfalt menschlicher Identitäten und Lebensentwürfe.

2. Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

3. Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

4. Glaubens- und Gewissensfreiheit

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. (2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet. (3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

7. Bildung

Auszug: (1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates. (2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen. ....

5. Meinungsfreiheit

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt. (2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre. (3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

8. Versammlungs-freiheit

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. (2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

6. Schutz von Ehe und Familie

Auszug: (1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft. (3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

9. Recht, Vereine zu gründen

Auszug: (1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden. (2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten. (3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, .....

10. Briefgehemnis

(1) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich. (2) Beschränkungen dürfen nur auf Grund eines Gesetzes angeordnet werden. Dient die Beschränkung dem Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Bestandes oder der Sicherung des Bundes oder eines Landes, so kann das Gesetz bestimmen, daß sie dem Betroffenen nicht mitgeteilt wird und daß an die Stelle des Rechtsweges die Nachprüfung durch von der Volksvertretung bestellte Organe und Hilfsorgane tritt.

11. Freizügigkeit

(1) Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet. (2) Dieses Recht darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes und nur für die Fälle eingeschränkt werden, in denen eine ausreichende Lebensgrundlage nicht vorhanden ist und der Allgemeinheit daraus besondere Lasten entstehen würden oder in denen es zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes, zur Bekämpfung von Seuchengefahr, Naturkatastrophen oder besonders schweren Unglücksfällen, zum Schutze der Jugend vor Verwahrlosung oder um strafbaren Handlungen vorzubeugen, erforderlich ist.

Spuren demokratischen Werdens in Friedrichshafen

Den Tag des Grundgesetzes am 23. Mai möchte das Bündnis für Demokratie und Toleranz in Friedrichshafen dazu nutzen, an jene Orte innerhalb der Stadt zu erinnern, an welchen unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkriegs die Demokratie eine neue Chance erhielt.

Dank der Unterstützung des Stadtarchivs konnten die Orte und ihre Bedeutung ermittelt werden.
Fotos: Dr. Barbara Wagner

Bahnstation Manzell

Am 29. April 1945 überreichten Bürgerinnen und Bürger der Stadt am Bahnhof Manzell vor dem im Juli 1944 zerstörten Bahnhofsgebäude symbolisch und friedlich die Schlüssel des ebenfalls nicht mehr bestehenden Rathauses an das eintreffende französische Combat Command 5. Noch vor dem Tag der Befreiung am 8. Mai 1945 löste sich die Stadt Friedrichshafen aus der Nazi-Diktatur und vollzog damit einen entscheidenden Schritt in Richtung Demokratie. Das Bahnhofsgebäude in Manzell wurde nach dem Krieg nicht wieder errichtet. Die heutige Bahnstation erinnert nicht mehr an die ehemals vorhandenen Strukturen.

Hotel Hecht

Im 2016 abgerissenen Hotel Hecht in der Löwentaler Straße 3 fanden nach Ende des Zweiten Weltkriegs die ersten Parteiversammlungen statt. Zunächst trat dort die Ortsgruppe der Sozialdemokratischen Partei (SPD) am 7. April 1946 zusammen. Die Christdemokraten (CDU) formierten sich kurze Zeit später, am 4. Mai 1946, neu. Weitere politische Vereinigungen wie die Freien Wähler (FWV) folgten im August 1948. Somit war die Meinungsvielfalt der Stadt bereits vor Verabschiedung des Grundgesetzes wieder hergestellt und den unterschiedlichen politischen Ausrichtungen der Bevölkerung Rechnung getragen.

Josef-Mauch-Straße

Im Stadtteil Hofen befindet sich die Josef-Mauch-Straße, benannt nach dem zweiten kommissarischen und demokratisch gewählten Bürgermeister und vormaligen Gewerbeschullehrer Josef Mauch (1884–1952). Dieser löste den 1945 von der französischen Besatzungsmacht eingesetzten Gymnasiallehrer August Bertsch (1887–1958) als Interimsbürgermeister ab. Josef Mauch führte zwischen Juni 1946 und Ende 1948 seine Amtsgeschäfte aus, bis in einer ersten freien Wahl sein Nachfolger Max Grünbeck den Posten des Bürgermeisters übernahm. Während dieser frühen Phase der Kommunalpolitik verlagerte Josef Mauch gemeinsam mit dem Justiziar Ernst Mühlhäuser die Verantwortung über die 1947 in ihrer ursprünglichen Form aufgelöste Zeppelin-Stiftung, die für die Entwicklung der Luftschifffahrt gegründet worden war. Seit 1947 widmet sich die Zeppelin-Stiftung gemeinnützigen und mildtätigen Zwecken.

Adenauerplatz mit Rathaus

Nicht zuletzt und herausragend symbolisiert der Adenauerplatz das politisch-demokratische Zentrum Friedrichshafens. Unmittelbar nach dem Tod des ersten demokratisch gewählten Bundeskanzlers Konrad Adenauer (1876–1967) wurde der Platz vor dem 1956 neu errichteten Rathaus nach ihm benannt. Hier tagt der von den Bürgerinnen und Bürger gewählte Gemeinderat, setzt sich mit den Belangen der Stadt und ihrer Entwicklung auseinander und fasst Beschlüsse. Der Adenauerplatz ist gleichermaßen Forum für den offenen und auch politischen Austausch sowie der Begegnungen.